wahlkampfschlager des friedensnobelpreisträgers: dass er den drohnen-c/k-geheimkrieg der zukunft schon in der gegenwart führt

3. Jun 2012 / Obwohl er „bloß“ gegen einen Mormonen-Milliardär antreten muss, fürchtet der Friedensnobelpreisträger (FNPT) wohl zurecht gewisse Risiken in seinem Wahlkampf: Er hat einen starken Block von Rassisten und Antikommunisten ohne Kommunismus gegen sich, der für ihn unerreichbar ist – egal was er macht. Also geht es um die „Mitte“: Und ausgerechnet jetzt schlägt die Große Krise wieder zu (und es besteht das Risiko, dass die „Mitte“ die Krise dem jeweils amtierenden Präsidenten zurechnet und ihn für diese Krise „abstraft“).

Was bleibt da für den Wahlkampf? „To be tough on terrorists, insurgents and other enemies“. Also gibt auch der schwarze FNPT mit seinen entsprechenden Errungenschaften an und informiert die New York Times über seine Heldentaten:Erstens hat er persönlich Stuxnet gepusht. Schön, würde man sagen, wenn so ein Supervirus sämtliche Atomanlagen der Welt, und vor allem auch die der Atomwaffenmächte, außer Gefecht setzen würde.

Viel wichtiger aber ist die zweite Heldentat des FNPT: Er bekennt sich offen zum Drohnen-c/k-Geheimkrieg und gibt damit an, ihn seit Jahren in Pakistan, Afghanistan und im Jemen zu führen und ihn ständig zu eskalieren. Neu ist daran nicht diese Entwicklung, die ja seit langem einer der Hauptinhalte dieses Blog war. Neu ist die Behauptung des FNPT, er hake persönlich die c/k-Listen ab. Zur Erinnerung: Auf die  c/k-Listen (capture or kill) werden von den Geheimdiensten „Terroristen“ und „Insurgents“ („Aufständische“, also Guerillakämpfer) in aller Welt gesetzt und damit im wörtlichen Sinne „zum Abschuss freigegeben“. Meistens mit Drohnen oder anderen Flugobjekten, bei denen naive Zeitgenossen sich fragen, wie man mit solchen Flugobjekten „gefangen nehmen“ (capture) kann.

Ich gestehe, dass ich Zweifel daran habe, dass der FNPT wirklich persönlich alle c/k-Nummern abhakt – es sind doch wohl mindestens Tausende, also vermutlich zu viele, so dass er das Abhaken doch wohl teilweise delegieren muss. An wen genau, können wir leider nicht wissen, weil es sich bei der „Erstellung“ der Listen ja um Geheimdienstarbeit handelt.

All das kann man jetzt in der New York Times lesen: direkt als („gute“) Leaks aus dem Weißen Haus. Nur ein entscheidendes Kettenglied dieser neuen Kriegführung wird auch diesmal wieder verschwiegen (weshalb es auch diesmal wieder in diesem Blog betont werden muss): Die wichtigsten Quellen der c/-k-Listung sind sprach- und kulturkundige „einheimische“ Informanten – ohne die der ganze Cyberwar mit all seiner sophistication nicht laufen könnte – und diese einheimischen Informanten sind unkontrollierbar, weil top secret. Sie genießen eine Ermächtigung, von der frühere Ermächtiger auch kaum mehr besaßen.

Stop! Hier soll doch wohl nicht „verglichen“ werden?  Demokratisch-rechtsstaatliche Verhältnisse mit früheren Diktaturen? „Verglichen“ werden darf nämlich nicht! Was aber, wenn sich die Tatsachen selber vergleichen? Die vom FNPT und seinen Assistenten abgehakten c/k-Opfer sind: a) mutmaßliche Terroristen, die tatsächlich Terror begangen haben; b) mutmaßliche Terroristen, die vermutlich Terror begangen haben; c) mutmaßliche Terroristen, die vermutlich künftig Terror begehen können; d) mutmaßliche Aufständische, die als solche anonym westlichen Geheimdiensten denunziert wurden; e) mutmaßliche Aufständische, die mutmaßlich Angriffe auf westliche Besatzungstruppen, etwa in Afghanistan, planen und als solche anonym westlichen Geheimdiensten denunziert wurden; f) mutmaßliche Sympathisanten mutmaßlicher Aufständischer, die für mutmaßliche Aufständische mutmaßlich  Erkundigungsaufträge o.ä. durchführen könnten.  Dazu kommen g) versehentlich verleumderisch Denunzierte; h) absichtlich verleumderisch Denunzierte; und i) „Kollateralschäden“.

Frage an Völkerrechtler: Gibt es auch nur eine einzige dieser c/k-Kategorien, die rechtsstaatlich „okay“ ist? Die also zurecht ohne öffentliches Gerichtsverfahren, sogar ohne öffentlich überprüfbare Identifizierung,  nicht bloß in „kurzem Prozess“, sondern ohne jeden Prozess per Abhakung des FNPT oder eines seiner Beauftragten gekillt werden darf? Und wenn es „Kriegführende“ sein sollten: die ohne öffentlich überprüfbare Identifizierung auf Verdacht und Denunziation (so wie in den deutschen „Bandenkriegen“ der Vergangenheit die „Kommissare“) gekillt werden dürfen?

Ich glaube allerdings nicht, dass irgendein Völkerrechtler solche Blogs wie dieses hier liest, und werde also ohne Antwort bleiben.

So bleibt immerhin folgender Schluss hinzuzufügen: Die nun dokumentierte Kriegführung der „Zukunft“ (die aber bereits ganz gegenwärtig „läuft“) bezieht sich auf die USA. Für Deutschland und die Bundeswehr ist es überwiegend (noch) Zukunft. Aber – wie in diesem Blog mehrfach erwähnt – werden die Weichen dorthin bereits gestellt: Ermächtigung der Geheimdienste (sie erstellen in Afghanistan bereits c/k-Listen) und Aufrüstung mit Drohnen (angeblich bisher nur „Aufklärungsdrohnen“). Denn das „Modell“ ist „attraktiv“: Es ist „peiswerter“, und es „spart“ nicht nur Geld, sondern auch Opfer bei eigenen Soldaten (Tod, Verletzung, Traumatisierung). Die Zukunft wird zeigen, ob die Psyche des „soldatischen Mannes am Computer“ diesen „Job“ auf Dauer ohne eine neue Form der Traumatisierung durchhalten kann.

Jedenfalls sollte das bleierne Schweigen über die bereits aktenkundige Kriegführung der „Zukunft“ mindestens in der Friedensbewegung spätestens jetzt beendet werden. Ohne schlechtes Gewissen: Dieser FNPT hat mit dem früheren sympathischen Barack Obama, Autor des Buches „Dreams from my Father“, nur noch wenig gemein. Gerade wer ein schlechtes Gewissen hat zu „vergleichen“, sollte jetzt „Dreams from my Father“ lesen – man darf doch wohl mindestens den jungen Barack Obama mit dem „reifen“ FNPT vergleichen?!

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