welche „botschaft“ wird mit der turbomutti unterm stahlhelm „gesendet“?

16. Dez 2013 / Alle sind sich einig, dass die einzige wirkliche Sensation der 3. Großen Koalition der Abgang de Maizières von der Bundeswehr (schon im Wahlkampf schien er abgetaucht) und seine Ersetzung durch eine Frau sei. Ohne Spaß: Das ist tatsächlich ein mittelgroßes diskursives Ereignis. Ist das der Auftakt für künftige „Missionen“ der Bundeswehr unter „unseren Generälinnen und Generälen“? Dann wäre auch Alice Schwarzers feministische Mission endgültig erfüllt: der Begriff „Powerfrau“ wäre zur Kenntlichkeit verfremdet.

In dem Roman „Bangemachen gilt nicht auf der Suche nach der Roten Ruhr-Armee. Eine Vorerinnerung“ (assoverlag Oberhausen, 29,90 €: Last-Minute-Tipp für ein Geschenk) sagen Ruhrarbeiter so wie morgens zum Meister: „Was liegt an?“ Ja was liegt eigentlich an bei der Bundeswehr im Jahre 2014, damit uns diese Botschaft gesendet wird? Die Medien nennen: ERSTENS in den Sand gesetzte millionen- und milliardenschwere Rüstungsprojekte, darunter die Euro-Drohne. ZWEITENS den „Abzug aus Afghanistan“. DRITTENS die „Reform der Streitkräfte“ (Umbau in eine „Einsatzarmee“) und VIERTENS die schwierige Rekrutierung von Freiwilligen für eine „Einsatzarmee“, d.h. eine Armee für Kriege, in denen auch „gefallen“ werden kann und in denen Traumatisierungen hoch wahrscheinlich sind. Im Klartext:  ERSTENS muss geklärt werden, wie die Bundeswehr in den Drohnenkrieg einsteigen kann. ZWEITENS handelt es sich um eine ganz und gar „historische Wegscheide“. Deutschland hat (zusammen mit den USA) seinen ersten großen Krieg nach 1945 so gut wie verloren. Denn ein Anti-Guerillakrieg, an dessen Ende der Partisanen-Feind noch existiert und noch kampffähig ist, ist verloren. Das ist umso katastrophaler, als die Taliban (und die anderen afghanischen „Aufständischen“) eigentlich aufgrund ihrer extremen Antimodernität ein „leichter“ Feind hätten sein sollen (ganz anders als der vietnamesische FNL seinerzeit). Es sieht fast so aus, als ob sogar das Pentagon nun eingesehen hätte, dass ein Anti-Guerillakrieg einfach nicht gewonnen werden kann. Die Konsequenz daraus für Deutschland müsste sein: Schluss mit Kriegen in „Übersee“, Schluss mit dem 3. Traum vom Weltgendarmen und führendem Mitglied der Welt-Junta, Rückbau der „weltweiten Verantwortung“, zurück zur Territorialverteidigung (mit Modell Schweiz). Das hieße wirklich „Mut“ beweisen.

Aber dieser Mut fehlt – ganz im Gegenteil soll die „Verantwortung“ noch gesteigert werden – aber diesmal mit einer ganz neuen Strategie (ebenfalls nach US-Vorbild): CT = Counter Terrorism, Ein Viererpack aus „Spezialkräften“, einem Dienste-Denunziationsnetz, von dem Kill-Listen erarbeitet werden, Killungen vorzugsweise per Drohnen, (traumatisierende) „Drecksarbeit“ durch lokale „Azubis“, die trainiert und mindestens elektronisch begleitet werden.  Für diese neue Strategie spricht beim „V-Träger“ („Verantwortungs-Träger“: eine der Hauptfiguren im Roman „Bangemachen gilt nicht…“) auch das Problem der PTBS (post-traumatischen Belastungs-Störung), die sich in Afghanistan als das weitaus größte Problem erwies: Dazu ließ die Bundeswehr von der TU Dresden (Institut für Klinische Psychologie und Psychotherapie) eine Studie anfertigen, die zu relativ „optimistischen“ Ergebnissen kam und vor allem festgestallt haben will, dass die erkrankten Soldaten schon vorher psychisch labil gewesen seien. Deshalb sollen künftig durch ein „Screening“ die psychisch „anormalen“ Freiwilligen rausgesiebt werden. (Sind etwa Frauen weniger PTBS-anfällig?) Damit hängen auch direkt die Schwierigkeiten DRITTENS und VIERTENS (Rekrutierung) zusammen. Braucht man dazu ein feineres („weibliches“) „Händchen“?

Natürlich wird die Bundeswehr in Kombination mit CT auch weiter „normale“ Streitkräfte parathalten – aber wohl nur noch für kurze „Aufräum“-Blitzkriege, wie sie Frankreich in Mali praktizierte: Massiv zuschlagen, hauptsächlich aus der Luft, durchmarschieren und dann wieder abziehen und an das CT-Viererpack zur weiteren „Bearbeitung“ übergeben. All das hatte de Maizière vor seinem Abtauchen recht brutal angekündigt (Stichwort „Einsatzarmee“). Seine Nachfolgerin wird da sicher anders „kommunizieren“ – sprich: einen flexibel-normalistischen Interdiskurs sprechen (aber es sind die flexibel-normalistischen Subjekte, die PTBS-anfällig sind!).

Für all diese Probleme, so sieht es aus, scheint jedenfalls ein weibliches Oberkommando brauchbarer als ein Machotyp aus alter preußischer Generalsfamilie. Aber auch eine Frau – da sind sich alle einig – wird es „nicht leicht haben“. Es dürfte sich eben doch um eine „Mission impossible“ handeln.

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