muss die demokratie storniert werden, wenn sie den märkten zu widersprechen droht?

1. Nov 2011 / Schon seit Beginn der großen Krise 2008 ist der alte Mechanismus im Gange, der 1929ff. in vielen Ländern, darunter Deutschland, die parlamentarische Demokratie (so Mini sie sein mag) durch offene Notstandsdiktaturen ersetzte, als „die Märkte“ mit Demokratie nicht mehr klarkamen. Es wird häufig vergessen, dass auch Brüning bereits mit einer Notstandsdiktatur regierte (durch Notverordnungen des Reichspräsidenten ohne parlamentarische Mehrheit).

In der Krise von 2008ff. gab und gibt es ähnliche Tendenzen – das letzte Beispiel hierzulande war das „Neunergremium“, das geheim und aus der Hüfte alle marktrelevanten Entscheidungen am Bundestag vorbei fällen sollte, und das dann aber doch fürs erste von Karlsruhe gestoppt wurde. Viel „robuster“ traf dieser Trend zur Notstanddiktatur die Länder des Mittelmeers, und besonders Griechenland. Man benutzte die EU-Bürokratie als „Reichspräsidenten“. Und immer häufiger hörte man von höchsten Stellen das ominöse Wort von den „demokratisch nicht durchsetzbaren Notwendigkeiten“.

Nun ist die Katze endgültig aus dem Sack: Aus sicher absolut zwingenden Gründen, von denen noch nichts durchgesickert ist, hat Papandreou eine Kehrtwendung um 180 Grad vollzogen und eine Volksabstimmung (ein Verfahren direkter Demokratie) über das „Rettungs- und Sparpaket“ angekündigt, das auf eine weitgehende Liquidierung der griechischen „sozialen Netze“ hinausläuft (von „Brüssel“ kommandiert). Natürlich weiß Papandreou, dass ein OXI (NEIN)  wieder – wie 1940 beim Ultimatum Mussolinis – möglich ist. Auch die Märkte wissen das (sie haben ein gutes Gedächtnis) und geben einen absolut negativen Kommentar dazu.

Nun aber die Politiker der „ersten europäischen Liga“ (das heißt: der ersten Normalitätsklasse): Sie fordern von  Papandreou, diesen Unsinn zu widerrufen. Wie kann man nur glauben, das Volk könnte statt der Märkte entscheiden, wenn es ans Eingemachte geht? Diese Sachen sind nicht „demokratisch durchsetzbar“, müssen also anders durchgesetzt werden – fragt sich wie. Wie schade, werden die Märkte heimlich seufzen, dass eine Militärdiktatur in Griechenland schon verbraucht ist – Brüssel schien ein brauchbarer Ersatz – aber was ist, wenn die Griechen OXI sagen?

Gerade jetzt braucht das einfache griechische Volk die Solidarität der weltweiten Anti-Marktdiktatur-Bewegung. Wir müssen uns – nicht nur in BILD – auf eine Eskalation nationalistischee Hetze gefasst machen. Wir werden jetzt wertvolle Aufschlüsse über die Demokratieauffassung unserer politischen und medialen Klasse erhalten.

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