antwort auf trump: 2, 3, viele „europäische“ (d.h. deutsche) afghanistans?

14. Nov 2016 / Wenn es auch Irrsinn ist, so hat es doch Methode: Die einzige quer durch die gesamte deutsche mediopolitische Klasse dröhnende „Konsequenz“ aus Trump lautet: Jetzt müssen „WIR“ sehr viel mehr Geld für „Verteidigung und Sicherheit“ ausgeben, weil „WIR“ jetzt alle „Vakuen“ füllen müssen, die Trump vielleicht hinterlässt (im Mittleren Osten, in Afrika und an der russischen Grenze). Dabei wurde der bisher längste und härteste Out-of-area-Krieg der Bundeswehr verloren: Mindestens circa 25 Milliarden Euro wurden verpulvert – mit dem „Erfolg“, dass nicht nur „UNSER KUNDUS“, sondern jetzt auch „UNSER MAZAR-I-SHARIF“ auf der Kippe steht und vermutlich vorübergehend an die Taliban oder andere Warlords fallen würde, wenn die NATO abzieht, so dass dann am Ende nur Leichenberge übrigblieben statt Demokratie und Emanzipation. Aber dennoch führt kein Weg am Abzug vorbei – Wie es Malalai Joya seit Jahren sagt: Die Anwesenheit westlicher Soldaten ist die größte Stärke der Taliban und der übrigen Warlords einschließlich der Ghani-Clans. Aber anstatt aus schweren Fehlern zu lernen, einen Deal auszuhandeln und abzuziehen und ansonsten zu sagen: Die 2 Drittel der Bevölkerung, die diesen Krieg ständig abgelehnt haben, hatten recht – wir Politiker und Generäle hatten unrecht. Wir sind lernfähig und versprechen: Nicht nochmal ein Afghanistan, wir ziehen auch aus Mali ab, das schon ein halbes Afghanistan wird – statt dessen der Choral: Jetzt sofort eine Europaarmee, jetzt sofort alle Vakuen der Welt mit der Bundeswehr füllen!

HOHN AUF DIE DEMOKRATIE

Trump ist ein Demagoge, der geschickt einige „Vakuen“ der Vernunft zum Schein gefüllt hat – darunter das Vernunftvakuum Kriege in aller Welt. Statt zu sagen: Was Trump vielleicht nur zum Schein verspricht – Schluss mit der kriegerischen Globalisierung – das müssen „WIR“ jetzt wirklich tun – statt dessen soll der Popanz der Brüsseler Bürokratie, den die Berliner Eliten weidlich nutzen, um Ziele durchzusetzen, für die sie im Volk zuhause keine Mehrheit bekommen, nun auch noch verstärkt zur Durchsetzung demokratisch abgelehnter Kriege ausgebaut werden. (Das ist natürlich erst recht Wasser auf die Mühlen der AfD, die das gleiche demagogische Spiel wie Trump spielt.)

STEINMEIER WILL „NICHT MEHR VON DER SEITENLINIE KOMMENTIEREN“

In diesem Blog wurde seinerzeit ausführlich dargestellt, wie auf der „Sicherheitskonferenz“ von 2015 drei Reden geschwungen wurden mit dem gleichen Ziel: „gewachsene deutsche Verantwortung = mehr deutsche Kriegsbereitschaft“. Die drei Redner waren Gauck, von der Leyen und Steinmeier. Die zynischeste Metapher wählte Steinmeier: „Wir können nicht länger von der Außenlinie das Spiel kommentieren.“ Er nannte also den Afghanistankrieg „von der Außenlinie kommentieren“ – was es bedeuten wird, wenn die Bundeswehr „richtig aufs Feld stürmt“, kann man sich ausmalen.

AUCH KANZLERINBERATER MÜNKLER TEILT DIESE „VERANTWORTUNG“

In einem Interview mit dem schweizerischen „Tagesanzeiger“ (10. 11.2016) hat Herfried Münkler genau diese kriegerische „Konsequenz aus Trump“ propagiert (man achte auf seine Metaphern wie „Kostgänger“, „Arbeit erledigen“, „eins auf die Finger bekommen“): „Wir Europäer [statt: ich als selbsternannter Sprecher Deutschlands] werden in Zukunft nicht mehr so einfach der sicherheitspolitische Kostgänger der USA sein können. Wir werden uns um unsere Peripherie [!], von der Ukraine über den Nahen Osten bis zur gegenüberliegenden Mittelmeerküste, künftig viel stärker allein kümmern müssen. […] Die Zeit des Abwartens, ob die Amerikaner nicht vielleicht doch noch einmal die Arbeit [!] für uns erledigen, ist zu Ende.“ Er malt dann den Trump-Putin-Pakt (durchsichtige Analogie) an die Wand und beklagt „das Ende der USA als Weltpolizist“: „Ich hielte das für ausgesprochen besorgniserregend. Wenn Mächte zweiten und dritten Ranges nicht mehr fürchten müssen, vom Weltpolizisten USA eins auf die Finger zu bekommen [!], wenn sie die Hand auf einen Nachbarn legen, dann werden sie sich auch nicht mehr zurückhalten in ihrer näheren Umgebung.“

Also müssen „WIR“ demnächst all diesen „Mächten zweiten und dritten Ranges“ selber „eins auf die Finger geben“? Wasch mir den Puckel, aber mach mich nicht nass: Soll Deutschland jetzt die Weltpolizei übernehmen?  Dazu sind „WIR“ denn doch zu klein – und wir haben leider den Klotz der Shoa am Bein. Also was dann? Keine klare Antwort als eben: „Europa“.  Das aber ist klar genug. Von wegen „auf die Finger“ übrigens: 1980 überfiel Saddam Hussein den Iran, legte also „seine Hand auf den Nachbarn“ – bekam er eins „auf die Finger“? Im Gegenteil: Die USA lieferten ihm ihre Aufklärungsdaten und unterstützten ihn damit in entscheidendem Maße. Als sie dann 2003 Saddam eins „auf die Finger gaben“, lösten sie das größte „Vakuum“ nach dem 2. Weltkrieg aus. Und Herfried Münkler unterstützte das in einem Podiumsgespräch mit mir in Köln.

WIE WÄRE ES MIT EINER AKTION „NICHT MEIN WIR“?

In den USA gibt es jetzt eine Aktion „Not my President“. Sollten wir (Dissidenten) nicht jedesmal protestieren, wenn wir in die Geiselhaft des großen nationalen bis „westlichen“ WIR genommen werden? Hallo! Ich bin nicht euer WIR!?

Tags: