das interview mit naqibullah shorish könnte bewegung im afghanistankrieg signalisieren

24. Sep 2011 / Am 22. September hat die FAZ ein Interview mit dem Pashtunenführer Naqibullah Shorish (lange Zeit im deutschen Exil und des Deutschen fließend mächtig) publiziert. Das ist eine kleine Sensation, weil Shorish für die echte Friedensjirga spricht, die im Unterschied zu der anderen Gruppe gleichen Namens nicht im Auftrag der Karzai-Regierung und der NATO handelt, sondern auch das Vertrauen des bewaffneten Widerstands gegen die NATO (also auch der „Aufständischen“, die weiter von den Drohnen und anderen Waffen der NATO „gezielt“ gekillt werden), in seinen Friedenswillen genießt. Dass dieses Interview erscheinen konnte, zeigt, dass es in den deutschen Eliten nun Kräfte gibt, die ernsthafte Waffenstillstandsverhandlungen immerhin für eine „Option“ halten. (Alle Kontrahenten und alle Phasen scheinen analog zu Vietnam zu verlaufen.) Es wäre zu hoffen, dass solche Kräfte bis in die Führung der Bundeswehr reichen. Leider scheint diese in ihrer Mehrheit (und gemeinsam mit de Maizière) weiter auf Eskalation, „bessere Bewaffnung“, vor allem Kampfhubschrauber zwecks weiterer „clear and hold“-Offensiven, zu setzen. Auch Shorish dürfte sich Illusionen hingeben, wenn er meint, die Europäer gegen die USA ausspielen zu können.

Umso wichtiger ist es, dass die deutsche Friedensbewegung, die Aktionen zum 10. Jahrestag des Kriegsbeginns und zu der geplanten großen Afghanistankonferenz im Dezember plant, die stärksten Argumente gegen diesen schmutzigen Antiguerillakrieg und für den Rückzug der Bundeswehr hörbarer in die Öffentlichkeit bringt.

Besonder zwei Argumente des Aufrufs „Heraus aus der Sackgasse in Afghanistan“ sind wichtig:

1. In Afghanistan übt die Bundeswehr längst hauptsächlich für weitere künftige Antiguerillakriege. Sie möchte ein „volles“ Mitglied der Weltjunta werden mit allem Drum und Dran nach dem Vorbild der USA(Kampfhubschrauber, Drohnen, „Spezialkräfte“, gezielte Tötungen). Das ist das Ziel des Umbaus der Bundeswehr zu „mehr Professionalität“. Der Rückzug aus Afghanistan kann und muss diese ganze Richtung stoppen.

2. Wenn dieser Umbau auch als „Beitrag zum Sparen“ verkauft wird, so ist das Volksbetrug. Der volle Einstieg in die Weltjunta auf Dauer wird ganz im Gegenteil enorm teuer werden! Jeder neue „Einsatz“ wird Milliarden verschlingen. Das ist gerade jetzt in der Wirtschaftskrise grotesk. In der Bevölkerung muss das Prinzip populär werden: „Keine Sparmaßnahme nirgendwo, wenn nicht zuerst der Krieg in Afghanistan und die Kosten der Weltjunta radikal eingespart werden!“

Die (äußerst heterogenen) Taliban können und müssen im Prozess von Verhandlungen mit der Fiedensjirga zu einem innerafghanischen pluralistischen Ausgleich gebracht werden. NATO und Bundeswehr haben es geschafft, diese zunächst hauptsächlich fundamentalistisch-religiöse Bewegung zu einer jetzt wohl mehrheitlich vor allem nationalen Unabhängigkeitsbewegung umzuentwickeln. Diese Bewegung hat nur dann Ausssichten, wenn sie bereit ist, eine pluralistische Koalition mit allen Anti-Besatzer-Strömungen in ihrem Lande einzugehen. Nur in einer solchen Richtung können auch die Frauenrechte in einem unabhängigen und unbesetzten Afghanistan gesichert werden. Jede weitere Unterstützung der NATO-Offensiven und der NATO-Besatzung macht alles nur schlimmer. Die clear and hold-Offensiven und die Drohnenbomben diskreditieren auch alle gutwilligen CIMIC-Initiativen (Civil-Military-Cooperation). Es gibt zum schnellstmöglichen Rückzug der Bundeswehr keine Alternative.

Tags: