der faschistische fememord am rapper pavlos fissas, und was er mit dem normalistischen kollektivsymbol „rechts-links-mitte-2 symmetrische extreme“ zu tun hat.

21. Sep 2013 / Sie marschieren seit 2 Jahren in Uniform und mit Quasi-Hakenkreuzfahnen, bewaffnet mit „Fahnenstöcken“ und Schilden durch griechische Städte. Sie maßen sich Polizeifunktionen an, „kontrollieren die Papiere“ von Flüchtlingen und Einwanderern und schlagen deren Verkaufsstände zusammen. Sie verteilen Gratis-Lebensmittel und Kleidung an die durch die Troikapolitik verarmten Arbeitslosen und Rentner – „nur für Griechen“ (mit „Kontrollen“). Sie sind nach Führerprinzip aufgebaut und haben ihren jeweiligen „Führern“ (bis zum obersten Führer Michaloliakos) blinden Gehorsam geschworen. Um „befördert“ zu werden, müssen sie „Mutproben“ ablegen – in der Regel tätliche Angriffe gegen „Fremde“, bis hin zu Morden. Ihre „Fememorde“ nach dem Vorbild der deutschen faschistischen Freikorps und der SA und SS in der Weimarer Zeit sind „Dunkelziffern“, sollen sich aber auf etwa 30 belaufen. Sie sind die sich offen zu großen faschistischen Vorbildern bis hin zum GröFaZ („Größten Führer aller Zeiten“) und zum Rassismus bekennenden Paramilitärs der X.A. (Chi Alpha, die griechische Abkürzung für Xrisí Avgí = goldenen Morgenröte). Sie nennen ihre „Kampftruppen“ selber „tágmata ephódou“, wortlich = „Sturm-Abteilungen“, deutsch abzukürzen S.A. Sie sind also ganz zweifelsfrei und ganz offen und ehrlich Faschisten (zu „fascio di combattimento“ = paramilitärischer, antisozialistischer Männer-Kampfbund, Männer-Notbund, deutsch Freikorps).

Jetzt sind sie einen Schritt weitergegangen und haben den „echt griechischen“ antifaschistischen Rapper Pavlos Fissas genauso kaltblütig „hingerichtet“ wie zuvor „nur“ Flüchtlinge und (formelle oder uniformelle) Einwanderer. Nun ist die regierende Große Koalition mit ihren privaten Medien (die öffentliche ERT hat die Regierung ja kurzerhand aufgelöst) in die Bredouille geraten. Eilig verurteilt sie „die rechtsextreme Gewalt“ und eilig entzieht sie den Parlamentsabgeordneten der X.A. den Polizeischutz. (Dabei erfahren wir, dass diese Abgeordneten, die sogar einmal mit Pistolen auftraten und die regelmäßig rassistische Hetzreden halten, bisher unter Polizeischutz standen, um sie vor „linksextremen“ Angriffen zu schützen.) Wir erfahren weiter, dass die Staatsanwälte auf Basis der „Dunkelziffern“ bisher ganze 17 Voruntersuchungen wegen der Fememorde und sonstigen Angriffe gegen Flüchtlinge und Einwanderer eingeleitet haben, von denen keine einzige zu einer Anklage, geschweige denn zu einer Verurteilung führte. Weimar lässt grüßen.

Nun fragen sich auch Nicht-„Linksradikale“ in Griechenland und international, wie es denn möglich war, dass die X.A. sich zu einem „Tiefen-Staat“ entwickeln konnte – unter den Augen des „Oberflächen-Staats“. Dabei erinnert man sich nun auch, dass (nach „Dunkelziffern“) etwa jeder 2. Polizist X.A. gewählt haben soll, und dass regelrechte Personalunionen zwischen X.A. und MAT (Anti-Demonstrations-Spezialpolizei) bestehen dürften. Und man erinnert sich an die fast wöchentlichen Großrazzien des Innenministers Dendias gegen informelle Einwanderer, die in KZ-ähnliche Lager gesteckt werden – wobei diese „Operationen“ den schönen Namen „Xenios Zeus“ tragen (der „gastfreundliche Zeus“: das ist echt faschistoider Zynismus). Genauso wie in Deutschland nach der Wiedervereinigung wurden also die „Aktionen“ der Faschisten von manchen Staatsbeamten klammheimlich als willkommener „Flankenschutz“ für die eigene rassistische Politik begrüßt.

Und woher hat die X.A. ihr Geld?

Und welche Rolle spielen Dienste? (Diese Rolle ist definitionsgemäß geheim, aber man kann sie nach Maßgabe der Dienste-Rolle im Fall NSU simulieren: vermutlich auch „Pannenserie“.)

Aber es gibt noch einen anderen äußerst wichtigen Grund für die Tatsache, dass sich die griechischen Neofaschisten so sicher fühlen konnten: Es ist die normalistische Kollektivsymbolik vom symmetrischen Parteienspektrum Rechts/Links/Mitte/Extreme. Diese Symbolik heißt in Griechenland die „Theorie der 2 Extreme“ (theoría ton dyo ákron), und wird mit besonderem Fanatismus von der sozialdemokratischen Pasok, dem „Juniorpartner“ in der Großen Koalition, vertreten. Danach sind X.A. und das Linksbündnis Syriza symmetrisch und „vom Wesen her gleich“. Beide sind angeblich „für Gewalt“ und bei beiden sind angeblich „die Grenzen zum Terrorismus verwischt“. Noch kurz vor dem Mord an Pavlos Fissas erklärte das (ungeheuer dicke) Pasok-„Schwergewicht“ Pangalos, bekannt für seinen Spruch: „Wir alle zusammen haben es [d.h. das Über-die Verhältnisse-Leben] aufgefressen“: „Syriza ist eine terroristische Partei“.

Da aber Syriza, zweitstärkste Partei und Volkspartei nach allen einschlägigen Kriterien, selbstverständlich nicht verboten werden kann (das hieße Bürgerkrieg), konnten sich die Faschisten der X.A. sicher wie in Abrahams Schoß fühlen: Sie wurden ja von den hegemonialen Parteien und Medien als „rechte Syriza“ symbolisiert – und wenn die eine nicht verboten werden kann, dann die andere auch nicht. So einfach funktioniert das Kollektivsymbol vom „normalen Parteienspektrum“.

(Auch dieses Kollektivsymbol wurde aus Deutschland geliefert – so wie Führerprinzip, Sturm-Abteilung und Fememord.)

Aber jetzt wackelt das alles in Griechenland. Jetzt kann es sogar kippen.

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