die nato und ihre „verantwortung zu schützen“: zivilisten umbringen, um zivilisten zu schützen? (und ein medienskandal)

5. Jun 2011 / Seit Monaten bombardiert die NATO Ziele in Libyen. Sie beruft sich dabei auf eine „responsability to protect“ (fehlt noch unter den Verantwortungen des V-Trägers in „Bangemachen gilt nicht auf der Suche nach der Roten Ruhr-Armee“, das ansonsten ein „Nordafrika-Szenario“ vorerinnert hat). Nach Angaben der libyschen Regierung (gemeldet auf Al Jazeera) sollen NATO-Bomben bis Anfang Juni 718 Zivilisten umgebracht haben. Es wird eigens betont, dass darunter keine Militärs gewesen seien, deren Zahl könne aus Sicherheitsgründen nicht angegeben werden.

Das sind doch Zahlen von Gaddafi! (Also sicher mit Vorsicht zu genießen.) Sollten sie aber nicht trotzdem wenigstens erwähnt und diskutiert, einschließlich kritisiert, werden? Ist es nicht ein Skandal (und eine wirklich neue „Qualität“!) unserer hegemonialen Medien, dass diese Zahlen gar nicht mehr gemeldet werden? Die einzige Ausnahme war seinerzeit die Meldung, ein Sohn Gaddafis und zwei Enkel seien unter diesen (angeblich) 718 gewesen. Weder dazu noch zu den (vielleicht wirklich übertriebenen) übrigen 715 Zivilisten im Raum Tripolis gab es eine Erklärung der NATO. Viel schlimmer aber ist, dass „unsere“ großen Medien das einfach schlucken und ebenfalls „stille Messe“ feiern. Das ist tatsächlich neu – das war  im Jugoslawienkrieg von 1999 noch nicht so und zeigt einen unglaublichen Grad an Verlotterung der „demokratischen“ Medien – damals wurden die vielen zivilen Opfer der NATO-Bomben (darunter der Bundeswehr) noch gemeldet, teils mit dem Zusatz, man könne die Angaben von „Milosevic“ natürlich nicht bestätigen. Soweit okay.

Wenn „selbst ein Gaddafi“ (oder seine Beamten) 718 zum Schutz der libyschen Zivilisten umgebrachte libysche Zivilisten melden und NATO und demokratische Medien dazu schweigen – was bleibt dann an Kontrollmöglichkeiten? Die Statistik der Bombardements: Aber auch dabei will man uns dumm sterben lassen: die Zahlen der Einsätze schwanken zwischen fast 1000 und fast 10000. Wenn man von 5000 ausgehen und eine (stark übertriebene) „Treffergenauigkeit“ von 90 Prozent ansetzen würde, dann wäre von etwa 500 fehlgegangenen Bombensets auszugehen, von denen „Kollateralschäden“ angerichtet worden wären – darunter mit hoher Wahrscheinlichkeit viele (Hunderte?) Zivilisten.

Wenn es um deutsche „Gefallene“ (in Afghanistan) geht, wird zurecht betont, dass jeder einzelne Tote einer zu viel ist. Gilt das nicht für die Zivilisten im  Raum Tripolis? Wenn also nur einer… Aber selbst wenn keiner: Dann bliebe noch immer der zigtausendfache, ununterbrochene schwere Kindesmissbrauch durch Traumatisierung der unschuldigen „Würmchen“ (so hießen die Älteren von uns, die im 2. Weltkrieg Kleinkinder waren). Wird es eigentlich niemand schlecht, wenn sie oder er von Kindesmissbrauch liest und gleichzeitig davon, dass in Libyen durch monatelange Bombardements angeblich „Zivilisten geschützt“ werden? Und wenn dann Spiegel-Star Matthias Matussek noch verkündet, wenn man als Christ für Menschen bete, wäre das absolut kein Widerspruch dazu, sie gleichzeitig zu bombardieren? Es gibt Dinge, bei denen selbst den Ursprüglichen Chaoten (keine Bange, nur für kurze Zeit) Ironie und Sarkasmus vergehen.

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