gefragt ist jetzt vor allem jene politisch-ästhetische fantasie, die es ermöglicht, uns das „humanmaterial“ nach dem „im deutschen namen“ angerichteten massaker von yakob baj vorzustellen.

20. Dez 2009 / Vorweg: Dass es keineswegs der Kenntnis von Geheimberichten von Feldjägern der Bundeswehr oder gar von KSK-Einheiten bedurfte, um sich in groben Zügen klarzumachen, wie das „Massaker“ (Jürgen Todenhöfer in der Watz 17.12.) von Yakob Baj in der deutschen Zone zustandekam und wie es ablief, beweisen die entsprechenden Einträge dieses Blogs (18.5.2009: enorme Kosten für den Steuerzahler, die verschwiegen werden; 24.6.: Strategie des „3. Versuchs“ eines deutschen „Griffs zur Weltmacht“; 21.7.: neue, offensive und aggressive Eskalations-Strategie der Bundeswehr erklärt; 23.7.: Satire Kollateralschäden im Sauerland; 19.8.: Streit unter den „Stabsärztebrüdern“; 20.9.: Warum Anwesenheit des halben Dorfes Yakob Baj bei den Tanklastern? Um gratis Sprit zu bekommen! – inzwischen offiziell bestätigt; 14.12.: deutsche Soldaten als ***de* – wie die zerfetzten und verbrannten Kinder ausgesehen haben). Also: Wer z.B. den Roman „Bangemachen gilt nicht auf der Suche nach der Roten Ruhr-Armee. Eine Vorerinnerung“ (assoverlag Oberhausen – gutes Weihnachtsgeschenk last minute) gelesen hatte, konnte sich alles genau vorstellen.

Dass das alles nun aus Geheimberichten bestätigt und noch übertroffen wird, haben wir allerdings keineswegs unserer Mini-Stabil-Demokratie zu verdanken, sondern einem regelrechten Hauen und Stechen auf Seiten der Stabsärztebrüder (siehe „Bangemachen gilt nicht…“, wo es vorerinnert ist): Ein Minister gestürzt, sein Nachfolger „angeschlagen“, der oberste General, binnen Minuten gestürzt, beschuldigt den Minister offen der Lüge, „neue Videos tauchen auf“ (die beweisen, dass die Bundeswehr „am Boden“ war) – all das hauptsächlich über die SCHLAGzeitung ausgehauen und ausgestochen! Ein atemberaubender Vorgeschmack auf künftige Notstände und Neo-Militärputsche. Dann das Machtwort von Schneiderhans Vorgänger Kujat (Interview DLF 17.12.): Ein solches öffentliches Hauen und Stechen zwischen Fraktionen der Bundeswehrführung ist „absolut nicht normal, nein ganz und gar nicht normal“. Das gehöre nicht in die Öffentlichkeit der Mini-Stabil-Demokratie, das gehöre hinter verschlossene Türen. Mit umgehendem Erfolg: Sofort Schweigen im Medienwald, Thema „abgehakt“, „Saft abgedreht“, „Luft raus“. Untersuchungsausschuss erklärt, mindestens 1 Jahr zu brauchen, und dann nochmal mindestens 3 Monate (also bis Frühjahr 2011 – wenn der Endsieg schon errungen sein soll!). Umschalten auf „Kopenhagen“ und Weihnachten.

Also muss unsereins wieder seine politisch-ästhetische Fantasie bemühen: Worum kann sich eine solch wirklich „absolut nicht normale“ innere Eskalation in der Generalität drehen? Eindeutig um die äußere Eskalation in Afghanistan und künftig allgemein. Es geht um die Taktik, mit der der Schritt der Bundeswehr zur Weltjunta-Armee mit voller Power „verkauft“ werden kann. Es geht also um den „3. Versuch des deutschen V-Trägers“ („Verantwortungs-Trägers“: siehe Eintrag vom 24.6.). Damit wird auch das Massaker von Yakob Baj einigermaßen transparent: Die KSK und ihr Hiwi Oberst Klein wollten eine „gezielte Tötung von INS (Insurgents) mit erheblichen Kollateralschäden“ nach US-Modell durchführen, weil sie auf die „Solidarität“ ihres BB (Big Brothers USA) zählten. Dabei verrechneten sie sich: Der BB erzwang die Medialität des Massakers, vermutlich um seinen Juniorpartner Deutschland zu zwingen, seine „Heuchelei“ zu beenden und sich offen für einen „schmutzigen Krieg aufzustellen“. Die Fraktion der „Weltmissionare“, wie sie in der „Vorerinnerung“ heißen, will nun in einer Art „medialen Durchbruchsschlacht“ diese „Ehrlichkeit“ in kurzer Zeit erzwingen. Es soll sogar das Grundgesetz geändert werden, um Massaker zu legalisieren (Spiegel Online 18.12.). Dagegen setzt sich die Fraktion der „Hausaufgabenmacher“ für eine Fortsetzung der Salamitaktik ein.

Es ist atemberaubend, mit welchem Tempo der 3. Versuch sämtliche „Einsatzformen“ des 1. und 2. Versuchs samt ihren diskursiven Begleitkomplexen restauriert. So spricht der berühmte geheime „Feldjägerbericht“ ganz naiv davon, dass bereits am Mittag des 4.9. das Terrain von „Humanmaterial“ völlständig gesäubert gewesen sei (nur noch Leichen von Eseln hätten herumgelegen: „Zeit“ vom 17.12.). Da können die Stabsärztebrüder nur aufjaulen, weil es im 3. Versuch doch „Patientengut“ heißen muss! Auch der „Endsieg“ ist wieder da: als Kombination von „Endkampf“ und „gewinnen“ (Lothar Rühl in der Fatz vom 17.12.) – ja sogar für alle Fälle auch der „Dolchstoß“: „Solche Ereignisse werden noch öfter eintreten, wenn der Endkampf um die Kontrolle Afghanistans erfolgreich geführt werden soll. Je mehr und je öfter die Politik den Truppen im Feld aus dem sicheren Heim in den Arm fallen wird, desto geringer werden die Erfolgschancen.“ (dito) Natürlich darf da auch die „Drückebergerei“ nicht fehlen (Wolfssohn in der Watz 17.12.).

In all diesen geheimen wie auch in den von SCHLAG enthüllten Diskursfragmenten kommen die Opfer nicht vor: Sie sind aus dem mediopolitischen Diskurs genauso „klinisch“ herausgesäubert wie das „Humanmaterial“ aus dem Schlachtfeld von Yakob Baj („Ein Schlachten wars, nicht eine Schlacht zu nennen“: Schiller). Die Leichen sind auf alle Zeiten unauffindbar verbrannt und „entsorgt“ (oh ja ihr Grünen: das war auch eine ökologische Katastrofe, die ihr da mitzuverantworten habt). Dennoch gab es noch einige überlebende und „nur“ schwer verletzte Kinder im Krankenhaus von Kundus: Kein einziger Journalist von all denen, die sonst ständig wiederholen, dass „die Opfer unterschlagen werden“, uns aber dennoch mit Schockbildern von (nur den jeweils „richtigen“) Terroropfern schocken, hat die Idee gehabt, uns Bilder dieser von der Bundeswehr „im deutschen Namen“ massakrierten Kinder „zuzumuten“. Nichts zeigt deutlicher als diese Tatsache, dass afghanische Menschen (als Menschen der 5. Normalitätsklasse) im Hauen und Stechen um die beste Strategie und Taktik des 3. deutschen Versuchs nicht zählen. Sie sind allenfalls minimierte Zahlen in einem CDE („Collateral Damage Estimate“). Wir brauchen all unsere politisch-ästhetische Fantasie, um sie uns vorstellen zu können.

In den Geheimberichten sind die afghanischen Bauern und ihre Kinder durch Chiffren ersetzt: „COM PRT KDZ“, „TF 47“, „42 S VF 8903852017“ (das war die „Zielkoordinate“, mit der 150-200 Menschen ausgelöscht wurden). Wir sollten uns wenigstens den Namen des Dorfs merken: „Yakob Baj“ – es ist das erste Dorf des 3. Versuchs, das so wenig vergessen werden sollte wie all die Dörfer aus dem 1. und 2. Versuch: Oradour-sur-Glane, Kalavrita, Lidice, und all die tausende russischer Dörfer, die bei „normalen Kampfhandlungen“ vernichtet wurden.

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