germropa: durchstarten gegen die wand der sackgasse? die andere agenda des de-maizière-manifests

5. Jan 2017 / Anfang 2010 publizierten die Zeitschriften „kultuRRevolution“, AMOS, DISS-journal, A+K den von mehreren Hundert Unterzeichnerinnen getragenen Aufruf „Heraus aus der Sackgasse in Afghanistan!“, der den vollständigen Abzug der Bundeswehr forderte. Der Aufruf erschien auch im „Freitag“. Bis heute wurde seine Forderung nicht erfüllt, obwohl die „Sackgasse“ von Jahr zu Jahr deutlicher wurde. Ausgerechnet in der deutschen Zone im Norden, wo die Taliban bei Beginn des deutschen „Engagements“ relativ schwach waren, sind sie heute so stark geworden, dass sie das deutsche Konsulat in Mazar-i-Sharif stürmen konnten. Mindestens 25 Milliarden wörtlich in den Sand gesetzt und metaphorisch vor die Wand. Hunderttausende junger Afghanen sind nach Deutschland geflüchtet. Sie sollen „zurückgeführt“ werden – mit dem tragi-grotesken Argument von de Maizière, dass die Taliban nur Ausländer und Regierungsleute terrorisieren würden, nicht aber „das einfache Volk“!!! Als Ergebnis des „Engagements“ der Bundeswehr! Immer wieder hat eine Mehrheit der befragten Bevölkerung den Abzug gefordert – vergeblich. Es zeigt sich hier eine „Durchhalte“-Mentalität der deutschen Eliten, die dem Volk aus 1. und 2. Weltkrieg sattsam bekannt ist. Diese Eliten haben nichts, aber auch gar nichts aus der Sturheit ihrer Vorgänger und deren katastrophalen Folgen gelernt – sie stecken in der Sackgasse und weigern sich, den Rückwärtsgang einzulegen, stoßen statt dessen ohne Rücksicht auf Verluste stur weiter vor die Wand am Ende der Sackgasse. Und beeilen sich, in Mali in eine zweite Sackgasse zu rasen.

UND NUN DIE GLEICHE SACKGASSEN- UND VOR-DIE-WAND-STRATEGIE AUCH IN EUROPA SELBST!

Momentan sorgen die „Leitlinien für einen starken Staat in schwierigen Zeiten“ von Innenminister de Maizière (FAZ 3.1.2017) für Medienwirbel. Dabei erscheint der völlig irrige Eindruck, es ginge dort hauptsächlich um die Zentralisierung des Verfassungsschutzes, die Bayern in Sorge vor Verpreußung strikt ablehnt. Aber in Wirklichkeit ist das eher eine Nebenpunkt, der leicht in einem „Kompromiss“ geopfert werden kann. Hauptsächlich geht es um das Projekt GERMROPA, das heißt eines von Deutschland geführten Europa. Klartext (Resümee am Schluss): „Deutschland kann sich nicht darauf verlassen, dass es andere schon richten werden. In einer Zeit weltweiter Wanderungsbewegungen, des internationalen Terrorismus, der Auflösung von Staaten, des globalen Datenverkehrs und der Digitalisierung des privaten und öffentlichen Lebens haben wir eine Führungsrolle. Dieser Auftrag beginnt aber mit der Ordnung bei uns, in unserem Land.“ Oder: „Der Anteil Deutschlands am künftigen Weg der Europäischen Union ist in einem Maße gewachsen, wie wir es vor einem Vierteljahrhundert vielleicht nur geahnt haben. Unser Land muss in der Welt gestiegenen Ansprüchen gerecht werden.“ Wer stellt diese ominösen Ansprüche? Warum ist es angeblich evident, dass „wir“ (Deutschland) – je klarer Afghanistan, Mali usw. warnen – „sicherheitspolitisch und auch militärisch“ viel mehr „Verantwortung“ übernehmen müssen? Niederlage in Afghanistan – Bundeswehr verstärken. Katastrophe in Syrien und Irak: Bundeswehr verstärken. Trump gewählt: deutschen Militärhaushalt verdoppeln und verdreifachen.

WAS HEISST STARKER STAAT?

Leitmotiv des Manifests ist „stark“: „Deutschland ist ein weltweit geachtetes und starkes Land.“ Und weiter im Leitmotiv: „Deutschland ist stark, weil es ökonomisch stark ist“ usw. „stark stark stark“ -mindestens acht mal (wirklich stark). Die eine Seite ist die Stärke im Inneren – fast nur über die wird medial geredet. Wichtiger ist aber das Programm deutscher Stärke außerhalb: In „Europa“. „Mein Blick geht aber auch nach Europa: Der Schengen-Außengrenze kommt für die Bekämpfung von Schleuserkriminalität und illegaler Migration eine zentrale Filterfunktion zu. […] Die Bundespolizei muss sich künftig noch stärker als bisher in Drittstaaten und an der Außengrenze einbringen. Sie wird hierfür zusätzliches Personal brauchen.“  Das ist des Pudels Kern: Die innere Zentralisierung, vor allem der Bundespolizei (des früheren BGS), dient der effektiveren „Germanisierung“ der europäischen Außengrenze. Was die „Südliga“ (Sarrazin) nicht schafft, müssen „wir“ eben selbst in die Hand nehmen. Und zwar mit einer 3-Punkte-Strategie für einen „echten Massenzustrom-Mechanismus“. Ein „echter Massenzustrom-Mechanismus“ unter deutscher Führung an den europäischen Außengrenzen: durch erstens „Rückführung ohne              Asylsachprüfung“, zweitens durch Verfrachtung an einen „sicheren Ort“ (wie z.B. Afghanistan: wo immer die Bundeswehr künftig Kriege führt, werden „sichere Orte“ sein) und drittens dann „legale Zugangswege“ (die minimiert werden sollen). Modell ist der Merkel-Erdogan-Pakt. All das wird nicht „effektiv“ sein, wenn es nicht unter direkter deutscher Federführung und dominanter Beteiligung läuft. Das ist die aus dem „Kontrollverlust von 2015 gelernte Lektion“.

ALSO DURCHSTARTEN MIT GERMROPA – IN DIE SACKGASSE UND VOR DIE WAND

All das wird proklamiert in einer Situation, in der das ganze GERMROPA-Projekt auf der Kippe steht, weil die deutsch geführte EU gerade wenn nicht auseinanderfällt, dann jedenfalls ziemlich bröckelt. Die vernünftige Folgerung (die als „populistisch“ verteufelt wird) wäre: Pause einlegen, nachdenken, die Niederlagen analysieren, und dann den europäischen Einigungsprozess völlig neu und absolut demokratisch, ohne deutsche „Führungsverantwortung“, überdenken. Genau das Gegenteil proklamiert das De-Maizière-Manifest: Jetzt erst recht die deutsche Hegemonie und sogar mehr durchboxen – und zwar über die Schiene der inneren und äußeren Militarisierung. Berlin will die anderen Europäer mit der Angst vor Terror, Kriegsansteckung und „Massenzustrom“ dazu bringen, die Außengrenzen unter deutsche „Verantwortung“ zu stellen. Wetten, dass die CSU gegen dieses Projekt keinerlei Einwände hat? Und auch nicht die SPD? Und auch nicht die Grünen?

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