übertreibt die „sprache“ des generals petraeus? ganz im gegenteil!

30. Aug 2010 / Nun hat der Chef aller Afghanistan-Truppen, auch der Bundeswehr, eine Art feierliches Manifest für die große, für die 2. Jahreshälfte geplante Eskalation veröffentlicht. Darin herrscht eine „Sprache“, die angeblich nur „amerikanisch“ und nicht „deutsch“ ist. Zum Beispiel werden die NATO-Soldaten, also auch unsere Jungs, aufgefordert, die Taliban „ins Fleisch zu beißen“ (wörtlich „ihre Zähne ins Fleisch zu schlagen“). Davon distanzieren sich einige deutsche Hindukuschstürmer – aber nur von dieser „Sprache“, nicht von der geplanten Groß-Eskalation.

Was hätte aber Karl Kraus dazu gesagt? Er hätte zweifellos festgestellt, dass die so skandalöse „Sprache“ nicht über-, sondern untertreibt!  Schön wäre es für die Taliban, wenn sie von unseren Jungs nur gebissen würden – da hätten sie eine Chance zu überleben. Sie könnten mit den Bisswunden in ein Gefangenenlager kommen. Tatsächlich aber sollen sie „gezielt getötet“ werden – nicht mit Gebiss, auch nicht mit der Hand, überhaupt nicht mit Körper gegen Körper, sondern mit Drohnen, die von Texas aus auf ihre Ziele gelenkt werden. Oder mit Panzerhaubitzen der Bundeswehr. Immerhin wollte Petraeus mit seiner volkstümlichen Metapher ausdrücken, dass ein schmutziger Entscheidungskampf bevorsteht.

Eklig ist übrigens diese nationalistische „Sprachkritik“ – ausgerechnet aus „deutschen“ Mündern. Als ob diese Politiker nicht dieselben wären, die sich auf allen gutbezahlten Posten „Leute mit Biss“ wünschen. Soviel zur sauberen deutschen „Sprache“.

Der springende Punkt ist doch ein ganz anderer: Auch die „Kritiker“ loben Petraeus über den grünen Klee dafür, dass er auch gesagt hat, „Zivilisten“ sollten geschont werden, und nur „Taliban“ gejagt und zur Strecke gebracht. Aber woher sollen die Jungs wissen, wer „Taliban“ sind? Das kriegen sie „von oben“ gemeldet, als ein „target“. Und dieses „target“ wird durch Denunziation von anonymen „Informanten“ produziert – von keinem Soldaten, auch keinem „Elite-Soldaten“, kontrolliert und kontrollierbar. Capture or kill (aus der Luft und mit Haubitze usw. nur kill) – ohne Identifikation, ohne Anklage, ohne Urteil, aber „gezielt“ (targeted). Oft liegen da dann Dutzende Leichen. Und als Collateral Damage („Zivilisten“) gelten dann ausschließlich Frauen, weibliche Kinder und männliche Kinder unter 13 (ab da sind auch sie „feindliche Kämpfer“). Von Wikileaks tausendfach dokumentiert.

Ist das wirklich übertrieben, wenn das „beißen“ genannt wird?

Es gibt eine kleine Möglichkeit zu reagieren: den Appell „Heraus aus der Sackgasse in Afghanistan“ unterzeichnen (hier gleich im Netz), falls nicht schon geschehen.

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