wenn aus azubis „fahrschüler“ werden

27. Jan 2012 / Gerade hat der Bundestag „unsere Mission“ in Afghanistan um ein weiteres Jahr verlängert. Mit dem angeblichen „Beginn des Abzugs“ (einer bloßen Reserve-Umrechnung) muss man sich nicht aufhalten. Die „Mission“ bedeutet weiter Eskalationsstrategie: Besetzung kleiner Dien Bien-Phus im „Hinterland der Taliban“, um sie zum Kampf zu zwingen und in „Night Raids“ zu „eliminieren“. Das wird gleichzeitig auch als „Peace Process“ bezeichnet. Dass der Bundestag damit mitten in der „Sparkrise“ weitere Millarden Euro in den afghanischen Sand setzt, der allenfalls mit mehr Blut getränkt wird – davon war im Bundestag natürlich nicht die Rede. (Über die Kriegskosten muss ja auch nicht mehr geredet werden, seit Kriege nicht mehr erklärt werden und zu „Missionen“ geworden sind. Dafür wird umso mehr über die „Milliarden für Griechenland“ – das heißt für unsere dort „engagierten“ Banken und Hedgefonds geredet.)

Um diese „Mission“ der kleinen verbliebenen Minderheit der deutschen Bevölkerung, die bei Umfragen noch „ja“ ankreuzt, weiter schmackhaft zu machen, hat Minister de Maizière nun ein neues Kollektivsymbol eingesetzt. Und zwar das populärste: das Auto! Er erklärte die Mission der Bundeswehr so: Ihr müsst euch vorstellen, das ist wie in der Fahrschule. Die Bundeswehr ist der Fahrlehrer, und die Karzaitruppe ist der Fahrschüler. Im Moment sitzen „wir“ noch am Steuer, und die Karzaileute auf dem Beifahrersitz. Dann drehen wir das langsam um: Die Karzais kommen ans Steuer, und wir gehen auf den Beifahrersitz und geben noch Tipps ab. Wenn der Schüler dann alles kann, ziehen wir ab.

Das ist aber eine Verwendung des Kollektivsymbols (des Sinn-Bilds), bei der nichts stimmt: weder das Bild noch der Sinn. Seit wann sitzen die Fahrlehrer jahrelang am Steuer? Seit wann gibt es fliegende Wechsel in voller Fahrt? Vor allem aber: Seit wann lernt man Panzerfahren in Pkws? Und wenn der Pkw auf eine Mine fährt?

Momentan hat das Volk über manche Politiker einiges zu lachen – warum lacht es nicht laut über diesen Chef des deutschen Afghanistankrieges mit seiner Fahrschule? Vermutlich weil es einfach zu makaber ist: Ein schmutziger Antiguerillakrieg wird als harmlose Pkw-Fahrt verbildlicht! Als ob der Sinn des Bildes dadurch vergessen gemacht werden könnte: Spezialkräfte, die auf Leichen pissen (und nach dem „Abzug“ soll die Chose an Spezialkräfte übergeben werden! übrigens haben auch Bundeswehrsoldaten schon mit Leichenteilen gespielt: vergessen?) – enorme Steigerung des Drohneneinsatzes (auch die Bundeswehr will in den Drohnenkrieg einsteigen, und gerade drehen Rheinmetall und EADS die Drohenproduktion für die Bundeswehr voll auf) – Geheimdienstinformantenkrieg mit „tragischen Irrtümern“, die bei den Afghanen zu Racheakten führen wie gerade wieder zur Ermordung französischer „Fahrlehrer“ durch einen „Fahrschüler“.

Sogar Sarkozy setzte daraufhin (jedenfalls symbolisch) die Offensiven und Night Raids aus. Und Hollande verspricht den Abzug bis Ende 2012. Das könnte ein Vorbild für Rot-Grün sein. (Ist es aber natürlich immer noch nicht, obwohl es bei den Grünen neuerdings erste Bedenken gegen das „Weiter so, Deutschland!“ gibt.)

Fazit: Das Pkw-Bild soll letztlich dazu dienen, den „vollen“ Einstieg der Bundeswehr auf Dauer in die Welt-Junta schmackhaft zu machen. „Missionen“ wie die in Afghanistan sollen in Zukunft „deutsche Normalität“ werden – in Form von Geheimdienste-, Spezialkräfte- und Drohnenkriegen. Für eine solche Zukunft steht das Durchhalten in Afghanistan. Weil die Forderung nach sofortigem Rückzug aus Afghanistan gleichzeitig das Nein zur Weltjunta auf Dauer einschließt, deshalb ist diese Forderung ein solches Tabu.

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