08 Okt sarrazins protonormalistisches manifest und der gespaltene v-träger
8. Okt 2009 / Er hat schon lange als „Mann der mutigen Wahrheit (links)“ gearbeitet (Leserinnen der „Vorerinnerung: Bangemachen gilt nicht auf der Suche nach der Roten Ruhr Armee“, assoverlag, wissen bescheid). Jetzt hat er einmal in Ruhe ein richtiges Manifest publizieren lassen, das die hegemonialen Mediokraten und den V-Träger selber (siehe unten) gespalten hat: Zastrow bei Springer und Mohr beim Spiegel verteidigen ihn vehement, während andere dann doch kalte Füße bekommen. Aber worin besteht eigentlich genau der Kern dieser „mutigen Wahrheit“ und dieses Spaltpilzes?
Da ist wirklich die Normalismustheorie gefragt (Versuch über den Normalismus. Wie Normalität produziert wird, Vandenhoeck und Ruprecht). Über die bekannten „provokanten Formulierungen“ hinaus (Massen von kleinen „Kopftuchmädchen“ fluten auf uns zu) war der Kern der „mutigen Wahrheit“ normalismustheoretisch völlig eindeutig: Sarrazin hat die protonormalistische Theorie von der „differentiellen Geburtenrate“ reproduziert. Die „Unterschicht“ (hauptsächlich die türkisch-arabische, aber auch ansatzweise die „deutsche“) hat einen unterdurchschnittlichen IQ, setzt aber die meisten kleinen Scheißerchen in die Welt. Dagegen fehlen Einwanderer mit hohem IQ (wie früher die Juden), und (ist zu ergänzen:) auch die „Deutschen“ mit hohem IQ verweigern das Kinderkriegen (Syndrom der „kinderlosen Akademikerinnen“). Folge: Der durchschnittliche IQ schmiert immer mehr ab. Diese Lage ist in Berlin besonders schlimm. Die Schülerinnen dort werden von Jahr zu Jahr dümmer. Da aber nur ein hoher IQ zum „Leistungsträger“ qualifiziert, schmiert auch die Wirtschaft ab.
Diese Theorie wurde von Darwins Vetter Francis Galton vor mehr als 100 Jahren erfunden; sie bildete die Grundlage seiner „Eugenik“, und die wiederum war der Musterfall einer „protonormalistischen“ Reaktion auf moderne Massendynamiken. Die angeblich immer schiefere IQ-Verteilung der „Population“ (Begriff auch von Sarrazin) bedeutete angeblich eine katastrophale Denormalisierung – die Normalität (Beseitung der Schieflage durch Verringerung der Niedrig-IQ-Population) sollte dringend wieder hergestellt werden (Galton dachte an Heiratsverbote – er konnte sich noch nicht vorstellen, was seinen Nachfolgern noch alles einfallen würde). Bei Sarrazin heißt das: weiteren Zuzug radikal verbieten (im wesentlichen: Heiratsverbot in Deutschland; sollen sie in der Türkei heiraten, dort bleiben und Kopftuchmädchen produzieren).
Weitere historische und systematische Informationen über Galton, IQ-Fiktionen (wissenschaftlich höchst wackliges Konzept!) und „Protonormalismus“ finden sich im „Versuch über den Normalismus“. Dort wird auch erläutert, wie der Protonormalismus nach dem 2. Weltkrieg in Verruf geriet und durch den „flexiblen Normalismus“ ersetzt wurde. Der hat die Normalitätsgrenzen ausgeweitet und die zuvor „anormalen Populationen“ (nicht bloß Einwanderer, sondern auch sexuelle Minderheiten, Behinderte usw.) in die Normalität integriert und inkludiert. Sarrazins Monolog stellt sich damit als ein wahrhaftiges Manifest gegen den flexiblen Normalismus und für eine „Wende“ zum Protonormalismus heraus.
Und genau das spaltet nicht bloß die Mediokraten des V-Trägers, sondern den V-Träger selber! Der V-Träger ist der „Verantwortungs-Träger“ und spielt eine Hauptrolle in dem Roman „Bangemachen gilt nicht auf der Suche nach der Roten Ruhr-Armee“. Er leidet dort manchmal an MPD (Multiple Personality Disorder), wobei er sich verspricht und NPD sagt. Was im Roman prognostisch simuliert wurde, spielt sich nun in der Realität ab: Die eine Person im V-Träger, Bundesbankchef Weber, ist über Sarrazin schlicht entsetzt. Sie weiß, dass der Weltmarkt und gerade auch ein richtig verstandener Neoliberalismus nur mit flexiblem Normalismus vereinbar ist. Die andere Person im V-Träger aber (Hans-Olaf Henkel) schmeißt sich schützend vor Sarrazin und wettert gegen den „Vernichtungsfeldzug“, der diesen angeblich bedroht. (Wir sollen innerlich ergänzen: Sarrazin wird jetzt verfolgt wie früher die Juden.) Diese Person im V-Träger will also das „Tabu“ des „Denkverbots“ über den Protonormalismus und über härtere Normalitätsgrenzen draußen und drinnen endlich vom Tisch kriegen. Wie das weitergehen könnte, kann man in der „Vorerinnerung“ lesen – es ist dort vor-erinnert: Es macht den V-Träger zuweilen regelrecht philosophisch, und er grübelt dann in seinen schlaflosen Nächten über Schopenhauers tragisch in sich gespaltenen „Willen“.